Am 12. Juli 2019 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (AEU) eine neue EU-Direktive und -Verordnung zum grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds veröffentlicht. In Teil 2 unten behandeln wir die neue Direktive (EU) 2019/1156 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Vertriebs von gemeinsamen Anlagen durch Unternehmen für Gemeinsame Anlagen, die die Verordnungen Nr. 345/2016, 346/2013 und 1286/2014 abändern (die „Grenzüberschreitende Vertriebs-Verordnung”). Letztere Verordnung bezieht sich auf Privatanleger- und versicherungsgebundene Investmentprodukte (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products, PRIIPs) (die „PRIIP-Verordnung”).
Die Grenzüberschreitende Vertriebs-Verordnung beinhaltet folgende signifikanten inhaltlichen Merkmale:
- Anforderungen für die Marketing-Kommunikation (gültig ab 2. August 2021)
Jeder Alternative Investmentfond-Manager (AIFM) muss gewährleisten, dass jegliche an Investoren gerichtete Marketing-Kommunikation für den Investor als solche erkennbar ist und die Risiken und Chancen des Erwerbs von Einheiten oder Anteilen an einem Unternehmen für Gemeinsame Anlagen in Übertragbare Wertpapiere (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities (UCITS)) ausgewogen darstellt, sowie dass jegliche darin enthaltene Information fair, klar und nicht irreführend ist.
Um unter Artikel 23 (Offenlegung für Anleger) der EU-Direktive 2011/61/EU zu den Alternativen Investmentfond-Manager (die „AIFM Direktive”) zu fallen, dürfen Aussagen in Marketingunterlagen nicht jenen widersprechen, die in anderweitigen Mitteilungen an Investoren getroffen werden. Dies bedeutet, dass solche Marketingunterlagen in Einklang mit dem Ausgabedokument bzw. dem Platzierungsmemorandum stehen müssen.
Das nationale luxemburgische Gesetz über die hier ansässigen AIFMs wird festlegen, ob Marketingunterlagen auch beinhalten müssen, wo, wie und in welcher Sprache Investoren Ausgabedokumente bzw. dem Platzierungsmemoranda erhalten können und ob Marketingunterlagen auch Hyperlinks oder Internetadressen für den Erhalt solcher Dokumente enthalten sollen.
Ähnliche Regelungen gelten auch für Management-Gesellschaften von UCITS.
Die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (European Securities and Marketing Authority, ESMA) wird bis zum 2. August 2021 Richtlinien über die Anwendung der Anforderungen für die Marketing-Kommunikation insbesondere im Hinblick auf Online-Aktivitäten bei der Marketing-Kommunikation herausgeben.
2. Vorabüberprüfung von Marketing-Kommunikation (gültig ab 1. August 2019)
Um die Einhaltung von Marketing-Anforderungen zu gewährleisten, können die zuständigen nationalen Behörden verlangen, vorab über vorgesehene Marketing-Kommunikation, die AIFMs direkt oder indirekt an Privat- oder Kleinanleger richten wollen, informiert zu werden.
In solchen Fällen wird die jeweils zuständige nationale Behörde innerhalb von 10 Arbeitstagen nachdem sie die Marketing-Unterlagen erhalten hat, den AIFM benachrichtigen, sofern die Behörde eine Abänderung der Unterlagen fordert.
Diese Vorabüberprüfung kann grundsätzlich und systematisch oder im Zusammenhang mit anderen Überprüfungsprozessen erfolgen; sie stellt jedoch keine Grundvoraussetzung für das Marketing an sich dar und ist auch nicht Bestandteil des Prozesses für die Marketing-Anmeldung.
Zuständige nationale Behörden, die diese Vorabüberprüfung verlangen, müssen hierfür ein Prozedere erstellen, anwenden und auf ihren Internetseiten veröffentlichen.
Bislang verlangt die CSSF keine Vorabüberprüfung von Marketing-Kommunikation und hat hierfür auch noch keinerlei Prozedere auf ihrer Internetseite veröffentlicht.
Zur Erinnerung: Seit 2005 hat die CSSF keinerlei Vorabüberprüfung von Werbematerialien durchgeführt. Sie ist jedoch dazu befugt, die Rücknahme von irreführender Werbung hinsichtlich der angebotenen Dienstleistungen sowie von fehlerhaften Aussagen zu den in Luxemburg geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen anzuordnen.
3. Neue Anforderungen für Gebühren seitens der zuständigen Behörden (gültig ab 1. August 2019)
Jegliche Gebühren, die seitens der für grenzüberschreitende Aktivitäten von AIFMs zuständigen Behörden erhoben werden, wie z.B. seitens der CSSF für grenzüberschreitende Marketingaktivitäten von Luxembourg aus, sollen in Einklang stehen mit den Gesamtgebühren, die für das Marketing von AIFMs im Allgemeinen erhoben werden.
4. PRIIPs Fristverlängerung vom 31. Dezember 2019 bis zum 31. Dezember 2021
UCITS können weiterhin, bis zum 31. Dezember 2021, von der Ausnahme zur Verpflichtung der Vorlage eines Dokuments mit Schlüsselinformationen (Key Information Document, PRIIPs KID) profitieren.
AIFs, die Klein- oder Privatanlegern vorgeschlagen, angeboten oder verkauft werden, müssen hingegen ein PRIIPs KID herausgeben, es sei denn, sie geben ein UCITS-gemäßes KID heraus und profitieren somit von der Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2021.
5. Einrichtung einer neuen ESMA-Zentraldatenbank zum grenzüberschreitenden Marketing von UCITS und AIFs, zugänglich auf der ESMA-Internetseite bis zum 2. Februar 2022
Diese Datenbank beinhaltet alle:
- AIFs, die in einem Mitgliedsstaat außer dem Heimatmitgliedsstaat vermarktet werden, sowie deren AIFMs und die Mitgliedsstaaten, in denen sie vermarktet werden; und
- UCITS, die in einem Mitgliedsstaat außer dem Heimatmitgliedsstaat vermarktet werden, sowie deren UCITS-Managementgesellschaften und die Mitgliedsstaaten, in denen sie vermarktet werden.
6. Kommission zur Berichterstattung über Reverse Solicitation
Die Kommission ist dazu verpflichtet, dem Europäischen Parlament und Rat zum Reverse Solicitation und zu Anfragen, die auf eigene Initiative von Investoren zurückgehen, Bericht zu erstatten, unter genauer Angabe des Umfangs von solcherlei Form der Zeichnung von Investmentfonds, ihrer geographischen Verteilung (auch in Drittländern) und ihre Auswirkungen auf das Pass-Regime. Die Kommission stützt sich dabei auf ihre Befragung der jeweilig zuständigen nationalen Behörden, der ESMA und anderen relevanten Akteuren.
Die Verordnung tritt am 1. August 2019 in Kraft, mit Ausnahme der neuen Anforderungen an die Marketing-Kommunikation, die ab dem 2 August 2021 in Kraft tritt.
Für weitere Informationen oder Fragestellungen wenden Sie sich bitte an Herrn Le Squeren (Partner).