Am 2. August 2024 erklärte das Bezirksgericht Luxemburg auf Antrag von FWU LIFE INSURANCE LUX S.A. (im Folgenden „FLL“) den Zahlungsaufschub der Gesellschaft für die maximale Dauer von sechs Monaten.
Die Gewährung des Zahlungsaufschubs an FLL erfolgte, nachdem das Commissariat aux assurances, die für die Aufsicht über Anbieter auf dem Versicherungsmarkt im Großherzogtum Luxemburg zuständige Behörde (im Folgenden „CAA“), am 19. Juli eine Mitteilung veröffentlicht hatte, in der sie vor der Insolvenz von FLL warnte, da diese die Kapital- und Solvenzanforderungen nicht mehr erfüllte. Am 23. Juli 2024 sperrte die CAA daraufhin die Werte zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen bei den Depotbanken.
Der durch Urteil vom 2. August 2024 erklärte Zahlungsaufschub kennzeichnet die nächste, wahrscheinlich aber nicht die letzte Stufe in diesem unglücklichen Fall.
Etwa zur gleichen Zeit im Juli 2024 hatte die Muttergesellschaft und Alleinaktionärin von FLL, die FWU AG, in Deutschland die Eröffnung einer vorläufigen Insolvenzphase erwirkt.
FLL, die eine luxemburgische Gesellschaft mit einem von ihrem Aktionär FWU AG getrennten Vermögen ist, steht unter der Aufsicht des CAA.
FLL hatte ihre Versicherungsverträge seit mehreren Jahrzehnten in den Nachbarländern vertrieben, insbesondere in Deutschland, Belgien, Frankreich und Italien.
Die Versicherungsnehmer von FLL sind aufgrund der hier geschilderten Umstände zu Recht um den Schutz ihrer Interessen aus den Versicherungspolicen besorgt, die sie bei FLL abgeschlossen haben. Auf der Grundlage des geänderten Gesetzes vom 7. Dezember 2015 über den Versicherungssektor (im Folgenden „Gesetz über den Versicherungssektor“) beruht der Schutz ihrer Rechte im Wesentlichen auf dem für das luxemburgische Recht typischen Mechanismus, der als „Schutzdreieck“ (triangle de protection) bezeichnet wird. Dieser Mechanismus beruht auf der Hinterlegung der versicherungstechnischen Rückstellungen bei einer von dem CAA zugelassenen Bank im Rahmen einer „dreiseitigen“ Hinterlegungsvereinbarung, die streng nach den in einem Rundschreiben des CAA vorgegebenen Bedingungen abgefasst ist und bei der das CAA als „Aufsichtsbehörde“ auftritt.
Diese Werte werden von den eigenen Vermögenswerten des Versicherers abgesondert, und das Gesetz über den Versicherungssektor räumt den Versicherungsnehmern ein bevorzugtes Forderungsrecht ein, das sogenannte „Superprivileg“, das es den Versicherungsnehmern von FLL ermöglichen soll, ihre Forderung vorrangig gegenüber anderen Gläubigern (insbesondere dem Staat, den Sozialversicherungsträgern, den Aktionären und den Arbeitnehmern des Versicherungsunternehmens) im Falle der Liquidation der Gesellschaft geltend zu machen.
Abhängig von der Art des von jedem Versicherungsnehmer abgeschlossenen Vertrags – entweder einen Vertrag mit Kapitalgarantie (der die Rückgabe des Wertes der versicherungstechnischen Rückstellungen garantiert) oder fondsgebundene Verträge (die nur die Rückgabe der Anzahl der Rechnungseinheiten, nicht aber den Wert des investierten Kapitals garantieren) – kann der Versicherungsnehmer seine Anlagen weitgehend oder teilweise zurückerhalten.
Die von der CAA am 23. Juli vorgenommene Sperrung der repräsentativen Werte dient dem Schutz der Versicherungsnehmer und Begünstigten. Damit soll nämlich sichergestellt werden, dass die Verwendung dieser versicherungstechnischen Rückstellungen derart erfolgt, dass alle Versicherungsnehmer und Begünstigten gleichbehandelt werden.
Die Zahlungssperre, in Verbindung mit dem Status des „Zahlungsaufschubs“, sind die Gründe, warum FLL derzeit keine Zahlungen von Leistungen an Versicherungsnehmer oder Begünstigte in Erfüllung der vertraglichen Bestimmungen leisten kann. Die Zahlungsaussetzung gilt insbesondere für alle Zahlungen, die vor dem Datum des oben genannten Urteils fällig wurden. Alle Zahlungen, die erst nach diesem Urteil fällig werden, unterliegen der ausdrücklichen Genehmigung des vom Gericht am 2. August 2024 ernannten Aufsichtskommissars.
Allerdings hat der derzeitige Status von FLL weiterhin keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Verträge zwischen dem Versicherer und seinen Kunden. Somit sind die Versicherungsnehmer und FLL weiterhin an ihre jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen gebunden. Zur Frage, inwieweit die Versicherungsnehmer verpflichtet sind, die Prämien weiterhin an FLL zu zahlen, sind die Vertragsbedingungen zu beachten, die sich auf die Nichtzahlung von Prämien beziehen, und ggf. sollte professioneller Rat eingeholt werden.
Wenngleich der aktuelle Rechtszustand von FLL keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der Verträge hat, können bestimmte besondere Bedingungen der Verträge, die eine Anlagepolitik in Rechnungseinheiten vorsehen, die sich auf den unten genannten Fonds beziehen, derzeit nicht erfüllt werden, da die Ausgabe, die Rücknahme und der Umtausch von Anteilen des Fonds FWU Protection Fund SICAV am 19. Juli 2024 ausgesetzt wurde.
Schlussendlich, auch wenn der Zahlungsaufschub in erster Linie darauf abzielt, FLL die Möglichkeit zu geben, ihre finanzielle Situation zu verbessern, könnte das CAA oder der Staatsanwalt einen Antrag auf gerichtliche Liquidation stellen, wenn sich diese Sanierung als unmöglich erweisen sollte. Ein wichtiger Schritt in dieser Hinsicht ist die Prüfung des von FLL erstellten Finanzierungsplans durch den CAA, der darauf abzielt, das Eigenkapital innerhalb von drei Monaten wieder auf die Mindestkapitalanforderung zu bringen. Dieser Plan, der von FLL innerhalb eines Monats nach ihrer Insolvenzerklärung vom 19. Juli 2024 vorgelegt wurde, wird derzeit vom CAA bis zum 19. Oktober 2024 geprüft.
Weitere Informationen finden Sie unter folgenden Links:
- EIOPA provides initial information to policyholders affected by FWU AG’s insolvency – European Union (europa.eu)
- FWU Life Insurance Lux S.A. : La robustesse du cadre luxembourgeois face aux défis de solvabilité | ACA
- La place luxembourgeoise offre un triangle de sécurité renforcé | ACA
- Insolvabilité de FWU Life Insurance Lux S.A. – Consommateurs – Commissariat aux Assurances (caa.lu)
- L’ACPR informe le public de l’insolvabilité de l’entreprise d’assurance FWU Life Insurance Lux S.A. | ACPR (banque-france.fr)
Von Maître Marie-Paule GILLEN, Partner – Avocat à la Cour, Maître Frédéric SEINCE – Avocat, und Herrn Ben GUEDES RIBEIRO, Juriste stagiaire, DSM Avocats à la Cour.